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Sonntag, 21. Februar 2016

Die guade oide Zeit

/Zitat/
»Früher, da gab es noch mehr Natur in der Stadt und weniger Auto ... und da wuchsen noch alle Bäume ...«
//Zitatende//

Das habe ich irgendwo bei Facebook gelesen. Dieser Satz steht exemplarisch für viele.
Das Wort »früher« verklärt und romantisiert.


Ja mei, früher halt. Die Luft war reiner, der Himmel blauer, das Bier gschmackiger, die Dirndl fescher, die Luft klarer, der Radi würziger, der Rausch grösser, da Schoas stinkiger und überhaupt!
Die gute alte Zeit. Vieles stimmt natürlich. Und das die angenehmen Zeiten besser in Erinnerung bleiben stimmt auch. So ist es.
Früher war alles besser! - Alles nicht, aber so manches! Wenn ein Auto ins Dorf kam sind wir Buben hinterhergelaufen, kannten wir sonst nur Pferdefuhrwerke und Ochsenkarren. Die Wäsche wurde einmal in der Woche, am Waschtag nämlich, gekocht und geschrubbt und auf die Leine gehängt. Die Windeln wurden genau so gewaschen wie die Schnäuztücherl. Die Milch stand im Sommer auf der Kellertreppe neben dem G'selchten.


Der Durst wurde aus dem Brunnen oder der Wasserleitung gelöscht und die Löcher in den Strümpfen immer und immer wieder gestopft. Werktags wurde sommers wie winters Lederhose getragen, wenns heiß war barfuß, wenns kühl war lange Strümpfe mit Leibchen. Diese vermaledeiten langen Strümpfe hasste ich. Sie wurden von Strumpfhalterleibchen unter der Ledernen gehalten.


Zusammengeschnittenes Zeitungspapier, einlagig ohne Aloe vera, statt dessen mit viel Druckerschwärze, war das Toilettenpapier.
Hartnäckig hält sich die Behauptung, dass es früher viel weniger Hämorrhoiden gegeben habe als heutzutage. Daran sei die Druckerschwärze schuld gewesen. Das ganze Primborium mit »supersoft« und »Hakle feucht« könne dagegen nicht anstinken.
 Das Häuserl mit Herzerl war Standard, und so mancher musste bei Wind und Wetter von der warmen Stube, wenn er mal musste, über den Hof um sein »Geschäft« zu erledigen.

Das könnte man ja alles noch aushalten und unter Nostalgie verbuchen, wenn es da nicht auch die andere, die verdrängte Seite gäbe.


Die Kindersterblichkeit war hoch, eine Infektion lebensgefährlich und ein einfacher Knochenbruch konnte einen jungen Menschen zum Krüppel machen.
Oft waren die hygienischen Verhältnisse katastrophal, wobei das Wort »Hygiene« unbekannt war.
Die allgemeine Lebenserwartung lag um 1900 bei 47 Jahren. In dem Alter lassen wir es heute so richtig krachen!
Die Elendsquartiere der Großstädte waren immer wieder Ausgangspunkt von Seuchen aller Art. Mit 40 Jahren, wenn man es überhaupt soweit brachte, war man kaputtgeschafft. Auf alten Photos sieht man die verhärmten Gesichter.

Die Kittelschürze war jahrein jahraus die Alltagbekleidung der Frau. Das Sonntagsgewand, wenn man es sich überhaupt leisten konnte, hielt ein Leben lang, weil zunehmender Leibesumfang bei den einfachen Leuten selten war.
Musik wurde ausschließlich von der Dorfkapelle gespielt oder es wurde selber musiziert. Radiogeräte kamen gerade erst in Mode.
Für zwei Pfennig Bärendreck war für uns Kinder das Schlaraffenland.
Tja, die gute Alte Zeit.

© by Fabrizius

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