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Samstag, 25. Februar 2017

Liegesitze hatte der R4 keine

Liegesitze hatte der R4 keine, aber eine Rückbank, die, wenn man sie umlegte, von so manchem Zeitgenossen als nicht so komfortabel angesehen wurde. Deswegen musste die Sache mit allerlei Kissen aufgehübscht werden, bis besagte umgelegte Rückbank den Vorstellungen entsprach. Über eine genauere Beschreibung des Verwendungszweckes schweigt der Zeitgenosse beharrlich und auch wir wollen uns nicht tiefer mit diesem Thema beschäftigen. Letztendlich war so ein R4 ein Gefährt, mit dem man von A nach B gelangen wollte. Die Rückbank konnte da nur ein Thema am Rande sein.

So einen tollen Kleinwagen gibt es heutzutage überhaupt nicht mehr.
Ich kenne mich ja mit technischen Dingen rund um’s Automobil nicht besonders gut aus. Aus diesem Grunde wird hier so manches stehen, was einem ausgewiesenen Automobilfachmann ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern wird. Sei’s drum.

Mir gefiel mein R4.
Der war blau, heute würde man vielleicht »griechischblau« dazu sagen. Meiner war einfach nur blau!
Und, ich meine, er hatte 27 PS. Aber da bin ich mir nicht so sicher.
Die Federung war phänomenal, was ganz sicher von Vorteil war, wenn die Rückbank, ob umgeklappt oder nicht, ob mit oder ohne Kissen, für diverse Aktivitäten genutzt wurde.

Dann hatte der R4 eine Krückstockschaltung. Sowas sieht man heutzutage nicht mehr. Da konnte man locker seinen Brotzeitbeutel dranhängen.

Zu dritt fuhren wir fast jedes Wochenende im Sommer ins Karwendel zum Bergsteigen. München war uns zu teuer. Bevorzugt steuerte ich mit besagtem blauen R4 den großen Ahornboden in der Eng-Alm an. Von dort gingen wir unsere Bergtouren.
Damals gab es noch keine Hotels und all den Kram. Dieses riesige Areal mit altem Ahornbaumbestand lag vor einer majestätischen Bergkulisse des Karwendelhauptkammes. Wer in dieses Hochtal kam, dem stockte der Atem. Der Anblick war berauschend schön.



Meistens fuhren wir ans hintere Ende des Schotterparkplatzes und luden unsere Bergsteigerutensilien aus. Dann ließen wir uns erst mal von dem einen oder anderen Halbschuhtouristen bestaunen. Wir erklärten unsere Ausrüstung und erzählten dabei so manchen Schwank aus unserem gefährlichen Bergsteigerleben. Ob das alles so hundertprozentig der Wahrheit entsprach, dafür will ich meine Hand nicht ins Feuer legen.


Vor Kurzem fuhr ich neugierdehalber hin.
Ich war nur noch traurig. Da steht ein riesiger Hotelkomplex. Die aufgehübschten Almhütten sind allesamt Verkaufsläden oder Imbissbuden mit sich automatisch öffnenden Glastüren. Der Käse ist vakuumverpackt und die Milch gibt es im Tetrapack.

Die damals so stolzen Ahornbäume sind nur noch ein trauriges Etwas. Die meisten existieren gar nicht mehr.
Ein paar Rindviecher stehen noch rum, die, ich trau mich wetten, nur noch wegen der vielen Touristen dort rumstehen.
Mir trieb es die Tränen in die Augen.





Damals, so um 1970 herum, waren wir die wahren Berghütten- und Gipfelstürmer. Die Lamsenjochhütte, hochalpin gelegen, war oft unsere erste Anlaufstation am Freitagnachmittag. Nach einem 4stündigen Aufstieg, wir schleppten meistens Gitarre und Quetschkommode mit, begrüßte uns der Hüttenwirt. Wir kannten uns. Dem abendlichen Hüttenzauber stand nichts mehr im Wege.

Aber, das ist eine andere Geschichte, die ich später erzählen werde.

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