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Montag, 6. März 2017

Die Münchner Tram

Es gab eine Zeit, da fuhren die 6er und 8er Tram noch durchs Siegestor und weiter auf einer eigenen Trasse der Leopold-Straße raus nach Freimann.


 Es muss nach Mitternacht gewesen sein, als die letzte Tram, auch Lumpensammler genannt, an unserem Haus kurz vor der Münchner Freiheit vorbeituckern wollte.
Richtig gelesen! »vorbeituckern wollte«.

Das war nämlich so:
Wir feierten in froher Runde auf einem Verbindungshaus im ersten Stock auf dem Balkon Leopold-Straße Ecke Kaiserstraße und sahen den ganzen Abend hinab auf das muntere Treiben mitten in Schwabing.


Zu fortgeschrittener Stunde beschäftigte sich einer oder eine mit der Frage, wer wusste man nicht mehr so genau, wie lange man wohl eine Tram anhalten könne.

Damit diese Frage nicht nur im Konjunktiv weiter herumwabern würde, erklärten sich drei Jungmannen bereit den Feldversuch zu starten. Dazu sei der Lumpensammler genau die richtige Tram. Die fuhr nämlich gerade in die Haltestelle »Münchner Freiheit« ein.

Sie ahnen es schon, ich gehörte zu besagten Jungmannen. Zu dritt rannten wir runter, überquerten die stadteinwärts verlaufende Fahrspur und standen nun neben dem Gleis. Die Tram war noch nicht losgefahren.

»Wir brauchen Bier!«, riefen wir nach oben.
Wenig später hielt jeder von uns eine Maß in der Hand. Nun setzten wir uns zu zweit zwischen die Gleise. Der Dritte ging einige Meter in Richtung Tram und winkte mit seinem Maßkrug der Tram entgegen, als sie sich langsam näherte.

Die Straßenbahnen hatten damals keine Hupe, das war eher so eine Klingel und die klingelte uns jetzt ununterbrochen in den Ohren. Dazwischen war immer wieder ein lautes »Bim« zu hören.

Als wir keine Anstalten machten, das Gleisbett zu verlassen stieg der Trambahnfahrer aus.
»Himmiherrgottsacklzementglumpvarreckts. Seids Ihr narrisch, es mistige Studenten!«

Gleichzeitig mit ihm entstieg dem Wagon ein munteres Völkchen, für die es eine nicht vorhersehbare Gaudi war.

Vom Balkon ertönte aus heißeren Kehlen: »Durchhalten! Durchhalten!«
Und sogleich stimmten die meisten der Fahrgäste in den Chor mit ein.
Der Tramfahrer stand auf verlorenem Posten. Wir dachten nicht daran, das Gleis zu räumen.

Handys und all so ein Kram gab es noch nicht. Er konnte natürlich sein Fahrzeug nicht unbeaufsichtigt rumstehen lassen um Hilfe zu holen. Eine nachfolgende Tram kam in der Nacht nicht mehr, er war ja der Lumpensammler.

Geh, weiter Buam, geht’s halt aus’m Gleis, d’Leit meng hoam!«

D’Leit dachten nicht daran, sie ermunterten uns immer wieder mit der Parole: »Durchhalten, durchhalten!«

Neben dem Gleiskörper bildete sich eine Autoschlange. Es entwickelte sich ein richtiges Spektakel, dass durch ein andauerndes Gehupe viele Nachtschwärmer anzog.

»Mer genga erst, wenn unsere Maß leer san!«, sagte ich in meinem erlernten Bayrisch.

Dann vernahm nicht nur ich hinter mir eine klare und deutliche Stimme:
»Nix da, mer ganga jetzt glei!«

Die Polizei, Dein Freund und Helfer war vor Ort.

Das tat aber der Stimmung keinen Abbruch.
»Durchhalten, durchhalten!«. Die Lautstärke war unvermindert.
»Dann meinte einer der Polizisten:
»Jetzt sauft’s eich endlich zam, dann geng ma!«

Wir folgtem seinem Aufruf, tranken unsere Maßen leer und verließen mit leeren Krügen das Gleißbett.

Nun folgte etwas, was es nur so in München geben konnte!

Der Trambahnfahrer schwang sich in seinen Führerstand. Auf eine Anzeige hatt er verzichtet. Die Passagiere winkten uns freudig zu und stiegen in den Waggon.
So wirklich passiert war ja nichts!

Die beiden Polizisten grinsten uns an.
»A bisserl deppert seid’s scho!«, bekamen wir zu hören.
Es wurden keine Personalien festgestellt und keine Ermahnungen ausgesprochen.

»Schaut, dass es weiterkemmt!«

Seit dieser Zeit lasse ich nichts auf die Münchner Polizei kommen. Das waren und sind alle Pfundskerle! Heutzutage zählen auch ein paar Pfundsdirndl dazu.

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