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Samstag, 6. Mai 2017

Barbecue





Zum besseren Verständnis muss ich ein wenig ausholen.

In München gab es seinerzeit in der Sonnenstraße ein Künstlercafé. Dort saßen in den Nachmittagsstunden neben den wahren Künstlern auch ein paar Möchtegernmaler und Möchtegerndichter herum.

Bei dieser Spezies Mensch, allesamt männlichen Geschlechts, stand die Zeichenmappe allzu auffällig am Stuhlbein und Stift und Block lagen demonstrativ dahingebreitet vor dem Schreiberling. Auch wurde so manche Baskenmütze gesichtet, da diese Kopfbedeckung dem Kunstschaffenden eigen sein soll.

Es dauerte nicht lange, da fuhr die eine oder andere Luxuskarosse vor. Den Boliden entstieg so manche Kunst- bzw. Literaturliebhaberin. Diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie weniger an den Kunstwerken als mehr an den Kunstschaffenden interessiert waren.
Die Ladies waren mal mehr mal weniger jung, an ganz junge kann ich mich nicht erinnern.

Die winters in Pelz, sommers in Haut Couture Gewandeten, schlenderten eher belanglos durch die Tischchen um sich rein zufällig irgendwo niederzulassen. Dieser Zufall wollte immer, dass irgend ein gut aussehender Adonis ob mit oder ohne Baskenmütze, schon am Tisch saß.

Der Small Talk konnte beginnen.

Für den geübten Beobachter war die Sache recht bald durchschaut. Die suchten einen Gelegenheitscallboy, damals in München auch mit dem Titel »Tschamsterer« bedacht. Manchmal wird dieses Wort auch mit einem »D« am Anfang anstatt einem »T« verwendet.

Wolfgang war wohl auch ein paarmal vor Ort. Ob er als Maler oder Dichter auftrat, verriet er mir nicht. Eine Baskenmütze scheint er auch nicht getragen zu haben, er war kein Mützentyp. Aber er sah gut aus.

Schon vor Wochen begann das Techtelmechtel mit einer gelangweilten Gattin eines stinkreichen Teppichbarons.
Der Alte war so mit dem Geldverdienen beschäftigt, dass er sich nicht mehr um seine Gemahlin kümmern konnte.

Diese wiederum brachte das verdiente Geld unter die Leute und suchte sich einen anderen und jüngeren Kümmerer.

Nach ein paar Wochen des gegenseitigen Kümmerns wollte ihre nicht minderreiche Freundin mit ähnlichem Portfolio einen eigenen Kümmerer, da auch ihr Mann sich mehr dem Mammon zuwendete.

Exakt zu diesem Zeitpunkt dachte Wolfgang an mich!

Die Villa am Starnberger See war wie geschaffen dafür. Dort konnte sich hin und her und sogar kreuzweise gekümmert werden.

Die ersten Annäherungsversuche wurden bei einem intimen Barbecue ausgelotet. So erzählte es der bereits erfahrene Kümmerer Wolfgang.

Nach dem Barbecue wartete ein beheizter Pool von enormer Größe auf die angetörnten Damen und die allzeit bereiten Tschamsterer.
Dazu musste man sich allerdings noch mal nach oben begeben um in die Badesachen zu schlüpfen. Man wollte ja nicht gleich nackert in die Fluten springen.

Dann kam es doch ganz anders.

Das Barbecue brachten wir sittsam und mit der nötigen Etikette hinter uns, als das Telefon klingelte.

Die Teppichhändlersgattin wurde blass und blasser.
Ein leises »O mein Gott!«, hörten wir ein paar mal.

Um nicht Augen und Ohrenzeuge einer schlimmen Nachricht zu werden, gingen Wolfgang und ich auf die Terrasse. Man weiß schließlich, was sich gehört.

Sehr aufgeregt und hektisch suchte die am Telefon Blassgewordene ihre Utensilien zusammen, während wir von der deutlich weniger aufgeregten Freundin erfuhren, dass der olle Teppichtandler mit einem Herzinfarkt in der Uniklinik lag.

Wenig später brauste der Jaguar E aus dem Grundstück.

Ich sah das Ganze als Fügung des Schicksals und hätte sogar, wenn ich katholisch erzogen worden wäre, einen Rosenkranz gebetet.

Da dem aber nicht so war, beschränkte ich mich auf ein allgemeingültiges »Halleluja« und einem »Auf geht’s Wolfgang, wir hauen auch ab!«

Die Freundin der Teppichhändlersgattin hauchte uns ein »schade« nach, alldieweil sie ja in der tollen Villa am Starnberger See nächtigte.

Auf dem Rückweg nach München, der R4 schnurrte fast wie ein Jaguar, fragte ich Wolfgang, wer mir den zugedacht gewesen sei.

Er meinte daraufhin, das hätte sich irgendwann am Abend schon irgendwie ergeben.

Wochen später erfuhr ich, dass der Teppichhändler wieder wohlauf sei.

Da mir das »irgendwann« und »irgendwie« nicht sonderlich behagte, sah ich die Villa nie mehr von innen.


Der berühmte Satz: Ich war jung und brauchte das Geld!«, konnte als Entschuldigung auch nicht herhalten, ich lebte in leidlich ordentlichen Verhältnissen und von Geld war nie die Rede.

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